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Zwischendurch etwas Kunst

Jede Woche eine neue Kunstwelt. Im Kaufland am Gesundbrunnen gibt es seit rund einem Jahr eine Galerie, in der jeder auch Gemälde in seinen Einkaufswagen legen kann. Die Idee hatte Kunstunternehmer Dennis Gegenfurtner. Sein Unternehmen Culterim hat sich auf Zwischennutzungen spezialisiert.

Dennis Gegenfurtner ermöglicht im Kauflandgebäude am Gesundbrunnen Zwischennutzungen für Künstler. Foto: Andrei Schnell
Dennis Gegenfurtner ermöglicht im Kauflandgebäude am Gesundbrunnen Zwischennutzungen für Künstler. Foto: Andrei Schnell

Als erstes wird an der Kultur gespart. Das meine ich nicht politisch, sondern persönlich. Weil die Preise steigen, fange ich an zu rechnen und zu überlegen, was wirklich nötig ist. Nicht wirklich nötig ist Kunst. Denke ich. Doch dann gehe ich zum Kaufland am Gesundbrunnen mit Butter- und Nudelpreisen im Kopf und sehe plötzlich Kunst. Der leerstehende Laden, in dem lange Rossmann war, der ungenutzte Handyshop und der ehemalige Bäcker haben sich in Galerien verwandelt. Wobei das Wort „plötzlich“ nicht so ganz stimmt. Gefühlt haben sie sich eingeschlichen. Zuerst habe ich lediglich bemerkt, dass da irgendwer werkelt. Handwerker eben, sprach ich zu mir selbst. Im Mai letzten Jahres. Im Juni. Im Juli. Dann stutzte ich. Was ist denn da los?

Denn ich hatte bemerkt, dass das Gewusel wechselt. Erst schraubt ein alter Mann, dann eine junge Frau. Erst sprudelt Wasser aus einem Einkaufswagen, dann hängen filigrane Zeichnungen an der Wand. Aber ehe ich es richtig erfasst hatte, was Neues entstanden war,war schon wieder alles ausgeräumt. Ich gehe eben zu selten zu Kaufland. Nur einmal in der Woche. Deshalb hat es gedauert, bis ich ein kleines Firmenlogo bemerkte. Culterim stand da zu lesen. Also sagte ich mir: Dein Job ist es, dort zu fragen, wo andere fragend dreinschauen. Deshalb habe ich mich mit Dennis Gegenfurtner, dem Gründer von Culterim, getroffen und mir alles erklären lassen.

Closed. Eine künstlerische Zwischennutzung mit einer Arbeit von Enno Haar vor dem Eingang in den Einkaufsmarkt. Foto: Andrei Schnell
Closed. Eine künstlerische Zwischennutzung mit einer Arbeit von Enno Haar vor dem Eingang in den Einkaufsmarkt. Foto: Andrei Schnell

Die Antwort ist einfach: Culterim will Leerstand mit Kunst füllen. Geschäftsführer Dennis Gegenfurtner ist Unternehmer, hat eine Banklehre hinter sich und kann mit Zahlen und Immobilienbesitzern umgehen. Er hat gleichzeitig eine Künstlerseele, macht selbst Musik, ist in der Kunstwelt vernetzt, spricht akzentfrei den Berliner Kunstdialekt. Beide Talente verbindet er bei Culterim. Zu relativ günstigen Tages- und Wochenpreisen bietet er Künstlern und Kunststudenten Räume, in denen sie ihre Kunst zeigen können. Vernissagen finden ebenfalls statt, die sind meist Freitag- oder Samstagabend. Wer seinen Kauflandeinkauf auf spätere Stunden an diesen Tagen verlegt, kann auf dem Weg zu Eier, Brötchen und Kotelett noch ein Gespräch mit einem Künstler einlegen. Und sich inspirieren lassen zu Gedanken weit ab von Preissteigerungen. Quasi als Zwischennutzung fürs Gehirn.

Text und Fotos: Andrei Schnell

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